Heute erzähle ich euch etwas über Ideen. Eine gute Idee zu haben ist oft viel wichtiger als alles andere, der Rest ist Organisation. Scheiß auf irgendwelche Budgets – nicht nur Not macht erfinderisch sondern der Spaß an der Arbeit. Glaubt ihr mir nicht? Dann beweise ich euch das Gegenteil.
Folgende Aufgabenstellung wurde mir kürzlich zugetragen:
Bitte mach uns doch Plakate und Flyer für unser Adventsingen, etwas mit einer Kerze und ein bisschen grün wäre doch ganz schön.
Aller Anfang ist…
Und schon fing es an bei mir zu rattern: Hm OK, ein Stillleben würde sich ja anbieten. Aber wieviel Kerzen sollen mit aufs Bild? Eine große, besondere Kerze? Mehrere kleinere Kerzen? Vielleicht ein Meer aus Kerzen? Ja, klar in der Wohnung, du Spinner! Soll ich Dekoration verwenden und wenn ja, welche und wieviel? Mist, ich habe ja nicht einmal einen gescheiten Hintergrund! Oder, ob ich es vielleicht in Dunkelheit tauche, so wie erst vor kurzem an Diwali?
Ich wurde immer nervöser und hektischer, weil mir partout nicht die zündende (haha, Wortspiel) Idee kommen wollte. Und ich bin doch so ungeduldig. Irgendwann wurde es Savi, meiner Freundin, dann zu viel und sie fragte mich: „Sag mal, was ist denn los?“
Ich schilderte ihr meine Aufgabe und mein Problem: „Also ich soll da ein Plakat und Flyer für ein Adventsingen gestalten. Irgendetwas mit einer Kerze, also so adventmäßig hätten sie es gerne. Ich habe denen zugesagt, dass ich das Bild stifte, dafür darf ich mich austoben und habe nahezu freie Hand (für alle Kunden, die hier mitlesen: nein, das ist nicht mein neues Geschäftsmodell, sondern liegt daran, dass ich dem Auftraggeber, einem Verein sehr nahe stehe) auch schon Ideen, aber keine, die mir so richtig gefällt. Weißt du, es fängt schon beim Hintergrund an…“
Savi tat dann etwas, was jede gute Muse tat, sie brachte mich aus dem Konzept. Dadurch, dass sie mich aus meinem nur dürftig vorhandenen Konzept brachte, schuf sie Raum für neue Inspiration.
Sie sagte zu mir: „Mach es doch im Wald!“ „Wie, im Wald?“, entgegnete ich begriffsstutzig. „Nehme die Kerze einfach in den Wald und mache da ein Foto“ – das war es. Ich wollte noch etwas entgegnen wie: „Eine Kerze alleine leuchtet doch nie im Leben den Wald aus“, aber ich sagte einfach nur: „Savi, du bist genial!“
So kam es, dass ein Lichtlein aufging
Natürlich würde eine Kerze bei weitem nicht ausreichen um auch nur einen Bruchteil des Waldes auszuleuchten. Wer sagt aber, dass wir nur eine Kerze verwenden dürfen? Richtig, niemand! Ich erklärte Savi aufgeregt in wenigen Sätzen meine Idee (die eigentliche ihre war) und verwendete inflationär die Worte ‚du bist genial‚ und ‚wir brauchen alles an Kerzen, was wir kriegen können‚.
Anschließend machten wir uns auf den Weg und verbrachten unseren Sonntagsspaziergang mit scouting nach einer geeigneten Stelle für das Foto. Wir diskutierten eifrig über Vor- und Nachteile der jeweiligen Location und ich fotografierte diese nebenher mit meiner Kleinen Immerdabei für eine Auswahl am heimischen Rechner.
Nun muss ich noch eine Lanze für meine Mutter brechen. Sie ist allzu oft Opfer meiner unzähligen Streiche und so habe ich mich in der Vergangenheit des öfteren über ihren Geschmack in Sachen Einrichtung und Dekoration und ihre Sammelwut (sie kann einfach nichts wegwerfen) lustig gemacht. Als ich sie am Telefon bat, mir zu helfen, ich bräuchte alles was sie an Kerzen und Laternen hat – leihweise – habe ich sie schon vor meinem inneren Auge ins Fäustchen lachen sehen: „Haha, mach du dich noch einmal über mein Sammeln lustig, Sohn!“ Hast ja recht, Mutter! Und Danke, ohne dein Inventar wären diese Bilder an einem Sonntag spontan nicht möglich gewesen.
Wir warfen also alles, was wir und meine Mutter an Kerzen und Laternen hatten zusammen und quetschten es in unseren schwarzen Flitzer (von Savi auch liebevoll ‚mein Baby‚ genannt; Baby passt auch von der Größe her ganz gut, aber ich schweife ab) und machten uns auf den Weg zum Ort des Geschehens (welchen ich recht basisch-diktatorisch ausgewählt hatte). Dort angekommen, Savi schimpfte wie ein Rohrspatz (aufgrund des geringen Platzes im Beifahrer-Bereich – Stichwort: ‚mein Baby‚) nahm ich erst einmal nur die Kamera und das Stativ mit, um die Stelle, so wie beim Scouten vor wenigen Stunden einzufangen. Nachdem ich endlich mit der Bildkomposition fertig war, lud ich den ganzen Krempel aus und trug es nach und nach zum Aufnahmeort.
Die Show kann beginnen!
Langsam wurde es auch schon ziemlich dunkel und wir konnten das zusätzliche Kerzenlicht mehr als gebrauchen. Gerade im Winter und im Wald geht es super schnell und du siehst die eigene Hand vor Augen nicht mehr. Nach und nach zündeten wir die Kerzen an und stellten sie in Laternen. Es war zwar sehr feucht, aber einen Waldbrand wollten wir nicht riskieren, auch wenn ganz gute Kontakte zum örtlichen Feuerwehr-Kommandanten bestehen.
Nachdem wir den Waldweg, den ich im Hochformat für das Plakat bzw. für die Titelseite des Flyers im Kasten hatten, benötigte ich noch ein Bild im Querformat für die Innenseite des Flyers (korrekterweise heißt es eigentlich Faltblatt). Wir sammelten die Lichter ein und ich arrangierte die größten Laternen zwischen zwei Mammutbäumen und bekam so meine benötigte Aufnahme. Dafür, dass es eigentlich B-Material (zum Füllen) ist, gefällt mit die Szene richtig gut. Hach Savi, deine Idee bzw. dein Impuls ist echt gold wert. Ich schulde dir ein Eis.
Folgende Bilder habe ich letztendlich für den Flyer und das Plakat verwendet. Wer sich über die düstere Anmutung und das viele Schwarz wundert, dem sei gesagt, dass noch etwas Platz für Text benötigt wurde.
Dann ging es ans Aufräumen in nahezu völliger Dunkelheit. Juhu. Auch wenn ich mir aufgrund unserer Aufräum-und-Sammel-Strategie ziemlich sicher bin, dass wir alle Lichter eingesammelt haben (sonst gäbe es Ärger von Muttern), hätte ich doch fast vergessen meinen (unbeleuchteten) Fotorucksack zu schultern. Das wäre mit verlaub richtig dämlich gewesen.
Da wir unseren Aufnahmeort direkt neben einer Straße (damit wir halbwegs vor Ort parken konnten) gewählt hatten und wir ganz in der Nähe eines Sportplatzes waren kamen recht viele Autofahrer die Straße entlang. War wohl Spieltag der Fußballer, was weiß ich. Sicher ist, es war bestimmt ein wenig vertrauter Anblick für die vorbeikommenden Autofahrer und einige machen etwas langsamer um zu schauen, was da im Wald los ist. Jedoch uns anzusprechen hat sich aber niemand getraut. Legt euch ja nicht mit einem Foto-Nerd und einer kleinen Inderin an. Mein persönliches Highlight war dann auch, als wir fertig waren und ich mit der größten Laterne grimmigen Blickes einem Autofahrer entgegen schritt – der hat sich bestimmt fürchterlich in die Hosen gemacht und war wahrscheinlich unglaublich froh, eine Zentralverriegelung zu besitzen. Ich schaute aber nur so böse, weil das Teil sau schwer gewesen war und es schon noch ein paar Schritte zu unserem Baby waren.
Mit dieser Geschichte wollte ich euch zeigen, dass man auch mit wenig Budget, dafür etwas mehr Organisation und vor allem einer guten, schlüssigen Idee ein hervorragendes Ergebnis erzielen kann. Nicht nur in der Fotografie.
Seid einfach mutig, geht unkonventionelle Wege und lasst euch inspirieren, oftmals haben die Leute um euch herum richtig gute Ideen und können euch den wichtigen Impuls geben. Und ja, hört mehr auf eure Freundin/Frau oder euren Freund/Mann oder Lebensabschnittsgefährten oder meinetwegen eure Katze – sie alle labern nicht nur Grütze sondern kennen euch und wissen, was sie sagen müssen damit es klick macht!
Meine Auftraggeber waren begeistert.
Vielen Dank an Savi für den Impuls und an meine Mutter für die nötige Hardware – ohne euch gäbe es diese Bilder nicht.